Yokotani lässt lieber Taten sprechen

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Zuletzt aktualisiert am Mittwoch, 25. August 2021

Saisonvorschau des Westfälischen Anzeiger, von Rainer Gudra

Hamm  Für die Spieler des TTC Grünweiß Bad Hamm geht es mit großen Schritten der Saison 2021/2022 in der 2. Tischtennis-Bundesliga entgegen.

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GW-Neuzugang Jo Yokotani

 

„Gut spielen“, sagte der 19-Jährige, dem der Kontakt auch in englischer Sprache noch schwer fällt, bei seinem ersten Training am vergangenen Freitag in Hamm zu seinen Zielen für die anstehende Saison. Wie gut, das deutete er am Wochenende an. Sehr zur Freude von Coach Wim van Breenen ließ der Japaner einfach Taten sprechen, gewann im Rahmen der gemeinsamen Vorbereitung das Turnier im niederländischen Zoetermeer und entschied in einer Testbegegnung mit dem niederländischen Erstligisten Combilo TOGB zwei weitere Einzel für sich. Nur beim 1:4 gegen den französischen Zweitligisten Metz lief es für ihn nicht nach Wunsch – für alle anderen aber auch nicht.

Erste Gelegenheit, sich ein bisschen kennen zu lernen, hatten die beiden Neuen auf ihrer ersten gemeinsamen Anfahrt nach Hamm. Mehrere Stunden Zeit hatten sie durch die am Freitagnachmittag chronisch überfüllten Autobahnen, ehe sie die Halle des Hammonense erreichten.

Bluhm war in Karlsruhe, wo er in der Nähe bei seinem Ex-Verein Grünwettersbach trainiert, gestartet, und hatte Yokotani in Grenzau, wo dieser seit seiner Ankunft in Deutschland lebt und trainiert, abgeholt. „Mehr als sechs Stunden“, erzählte Bluhm, habe er hinter dem Steuer verbracht. Das dürfte in Zukunft häufiger passieren – zumindest bei den Fahrten zu den Heimspielen mit dem TTC Grünweiß.

„Ich kenne den Rest des Teams, aber Jo noch nicht. Er hat schon in Europa gespielt, so gibt es ein paar Vergleichswerte. Und ich weiß, dass er mal gegen Laurens Devos gespielt hat“, sagt Bluhm über seinen neuen Mannschaftskollegen. Devos, der Belgier im Hammer Team, wird erst später berichten können. Er kämpft gerade in Tokio, gut 260 Kilometer Luftlinie südlich von Yokotanis Heimatstadt Nagoya, um paralympisches Gold, das er schon einmal, 2016 in Rio de Janeiro, gewonnen hat. Auch Pekka Pelz fehlte beim ersten gemeinsamen Training. Er macht Urlaub.

Einkleiden mit neuem Trikot und Trainingsshirt, ein paar Fotos, dann standen sie schließlich zu viert an den beiden Platten: Yokotani, Engemann, Bluhm und das 15-jährige Talent Andre Bertelsmeier. Auch Gerrit Engemann hat bereits gegen den Japaner gespielt, Aussagekraft hat das Ergebnis für ihn aber nicht mehr: „Ich habe mal 3:1 gegen ihn gewonnen. Aber das war vor sechs oder sieben Jahren. Danach habe ich ihn auf der europäischen Tour lange nicht gesehen.“ Dafür schauten sie nun genauer auf das, was der junge japanische Profi so auf den Tisch zaubert.

Abwehrspezialist Bluhm wusste es einen Tag später ganz genau, nachdem ihn Yokotani im Halbfinale von Zoetermeer mit 4:1-Sätzen bezwungen hatte. „Er hat uns überrascht. Wir hätten nicht gedacht, dass er so gut spielt“, meinte Engemann, der selbst wegen Beschwerden an einer Achillessehne Trainingsrückstand hatte und ebenso wie Andre Bertelsmeier nach der Gruppenphase ausgeschieden ist.

Nun wird in den Tischtennis-Ligen zwar mannschaftsweise gewertet, doch bleibt es größtenteils ein Individualsport. Unter der Woche gehen auch die Grünweiß- Spieler weitestgehend ihre eigenen Wege, dennoch möchten sie ein Stück Gemeinschaftsgefühl entwickeln. „Wenn es geht, werden wir uns vor den Spielen schon freitags treffen und gemeinsam ein bisschen was unternehmen und auch zusammen trainieren“, sagt Bluhm, 24 Jahre alt und Student der Wirtschaftspädagogik.

Für den mehrmaligen Landesmeister Baden-Württembergs, der phasenweise in den Top 15 der DTTB-Rangliste vertreten war, ist die 2. Bundesliga schon eine große Herausforderung. „Die Liga ist extrem ausgeglichen“, sagt er. Platz zwei in der Endabrechnung hinter dem großen Favoriten 1. FC Köln wäre natürlich schön, aber „das Ziel sind die Top 4, dann muss man gucken“. Alles hänge vom Start ab. „Man kann schnell ganz unten landen. Es gibt keine leichten Spiele“, schätzt er die Lage ein. Letztlich sei sowieso vieles durch Corona noch nicht geklärt – zum Beispiel auch die Frage, ob in der Liga die Doppel ausgetragen werden können. Dass bei seinem aktuellen Trainingsverein ASV Grünwettersbach 130 Fans unter Einhaltung der 3G-Regeln das 3:2 zum Bundesliga-Auftakt gegen Bad Homburg miterlebt haben, macht Bluhm optimistisch für das erste Heimspiel des TTC Grünweiß am 19. September gegen Fortuna Passau: „Ich hoffe ja sehr, dass wir vor Zuschauern spielen dürfen.“

Nun stehen am Wochenende erst einmal die Deutschen Meisterschaften an. Für Bluhm ist das Viertelfinale das Ziel, denn „das habe ich bisher noch nicht erreicht“. Für ihn und seinen neuen Teamkollegen Gerrit Engemann wird es allerdings hart, denn im 32er-Feld ist die Auslese im K.o.-System knallhart. Auch das folgende Pokalwochenende bietet einen Vorgeschmack auf die Saison. Der TTC Grünweiß trifft dann auf die starken Ligakonkurrenten Köln und Dortmund sowie auf den Drittligisten Buschhausen. Es sei maximal eine kleine Standortbestimmung, meint Bluhm, denn: „Auch nach drei oder vier Spieltagen lässt sich nicht abschätzen, wo wir am Ende stehen könnten – eher nach der Vorrunde, aber auch da noch nicht zwingend.“